Ein heikles Thema
Philosophisch und zu theoretisch sind die vielseitigen Standpunkte zur Erziehung seines Hundes. Daraus resultiert häufig eine Unsicherheit, seinen Weg für ein passendes Mindestmaß zu finden. In den Medien hingegen propagieren Hunde-Gurus publikumswirksam, wie alles ganz einfach funktioniert. Das ist Show! Erziehung macht Mühe, erfordert Identifikation und ein gesundes Bauchgefühl für das gewählte Vorgehen.
Nachdem auf den meisten Hundeplätzen die Zeiten der devoten Unterordnung vorbei sind, darf die Erziehung Hund und Mensch sogar Spaß machen. Mittlerweile werden gewaltfreie und motivierende Methoden vermittelt, welche mit ausreichender Konsequenz meist zum gewünschten Erfolg führen.
Gute Ansätze gibt es in der Bewegung “Trainieren statt Dominieren“, dem sich einige Hundeschulen und Trainer angeschlossen haben. Bei aller gut gemeinten positiven Bestärkung mag es manchmal Grenzsituationen geben, wo der Hund das harte NEIN braucht und es verkraften wird. Die aufgebaute Bindung zum Menschen ist dafür entscheidend.
Ein intelligenter, aufmerksamer Hund kann sehr wohl einschätzen, wo die jeweiligen Grenzen bei Herrchen oder Frauchen liegen. Er kann in uns regelrecht lesen. Das Freizeit- und Erziehungsprogramm wird bei mehreren Bezugspersonen in der Familie ohnehin unterschiedlich sein. Wichtig ist, man bleibt authentisch und einschätzbar in seiner Rolle.
Es wird immer Defizite geben, so laufen unsere Mädels nur bei Frauchen nach ihr die Treppe. Herrchen sieht dies weniger eng. Streiten könnte man darüber unendlich. Wir sind alle nicht perfekt - ebenso wenig unsere Hunde.
Den Magyar Vizsla als leichtführig und quasi selbsterziehend zu bezeichnen, ist schlichtweg falsch. Für ein konfliktfreies Zusammenleben, sei es im eigenen Haushalt oder im sonstigen sozialen Umfeld, sind Grenzen unabdingbar.
Je enger der jeweilige Lebensraum ist, desto höher sind die Anforderungen. Es gilt sinngemäß, dass die Freiheiten des Einzelnen enden, sobald sich andere dadurch beeinträchtigt fühlen.
Nach unserer Auffassung erscheint es überzogen, Rechte und Pflichten durch Gesetze zu reglementieren wie in manchen Bundesländern oder in der ansonsten liberalen Schweiz.
Rücksichtlosigkeiten einzelner Personen wird man weder durch Hundeführerscheine noch durch Leinenzwang in den Griff bekommen. Würde man sich stattdessen unaufgefordert um eine adäquate Basiserziehung bemühen, gerieten Hunde bzw. deren Halter öffentlich weniger in Misskredit. Gleiches gilt für die Beseitigung von Hinterlassenschaften.
Konkret sollte jeder sein Wohn-/Lebensumfeld prüfen und davon abgeleitet für sich definieren, was sein Hund können sollte. Die Erfordernisse in Städten werden größere sein als die auf dem flachen Land.
Wir wünschen uns gut erzogene Vischels, welche mit ihrer menschenbezogen Freundlichkeit sogar skeptische/ängstliche Personen für sich gewinnen können. Als unsere Begleiter sollen sie willkommen sein. Dafür müssen sie sich benehmen. Wir sind verantwortlich, dass sie öffentlich “Hund bleiben“, selbst wenn sie zu Hause erweiterte Privilegien genießen. In Restaurant, Ferienwohnung etc. gelten dennoch andere Regeln, um für Nicht-Hunde-Halter keine Zumutung zu werden.
Aggression – die heutige Sichtweise
Wir schreiben ungern zu diesem Thema. Doch der Begriff ist in unserer Gesellschaft so negativ besetzt, dass man gleich an gefährliche Situationen denkt. Dazu haben die Medien und die Verschärfung der Landeshundeordnungen beigetragen.
Zunehmend gibt es mehr ängstliche Menschen, die schon bei einem angeleinten Hund die Straßenseite wechseln. Kindern wird Angst anstatt gesunden Respekt vor Tieren vermittelt. Andererseits gibt es Personen, die bei engen räumlichen Verhältnissen unsere Hunde bedrängen, diese gut gemeint “betatschen“ und damit eine kritische Situation herausfordern.
Nach aktueller Rechtsprechung trägt immer der Hundehalter die Schuld. Jeder selbst verschuldeter Kratzer wird zum Drama. Man erhält sehr schnell eine Anzeige.
Aggression ist ein natürlicher reaktiver Prozess, d.h. kein Hund zeigt Aggression aus Lust und Laune. Die Motivation für das Ausüben von Aggression ist oft Angst und Unsicherheit.
Es entstehen unverhofft Konflikte, welche sich bei Kenntnis des Sachverhaltes vermeiden lassen. Vorzeichen wie Stress-Signale werden vom Halter meist nicht rechtzeitig erkannt und gestoppt. Es gibt von Frau Dr. Dorit Feddersen-Petersen ein sog. Aggressionsmodell, das Stufen von Reizen, Stress bis zu verschiedenen Aggressionsstufen darstellt.
Rollt z.B. jemand eine Mülltonne und der Hund bellt, so ist dies oft Angst vor diesem Objekt bzw. dem dadurch verursachten Geräusch. Ähnliches kann passieren angesichts älterer Personen mit Rollatoren oder bei Kleinkindern mit Bobbycars etc.
Es ist individuell unterschiedlich (Genetik, Sozialisation und Lernerfahrungen spielen eine Rolle), mit welchen Situationen ein Hund noch umgehen kann und in welchen er sich bereits bedrängt oder bedroht fühlt. Hat der Hund mit bestimmten Situationen Probleme, so ist dies ein Zustand, an dem man fachkundig arbeiten muss.
Erziehung plus artgerechte Auslastung
Mit Hunden muss man die Grundlagen des Zusammenlebens üben, denn sie begleiten uns durch den Alltag. Sie werden täglich mit Situationen konfrontiert, die sie verunsichern, einschüchtern oder aufregen. Training bedeutet nicht Dressur sondern freudig ausgeführte Aufgaben. Positive Verstärkung ist eines der Schlüsselwörter. Ein Basiswissen über das Lern- und Ausdrucksverhalten ist ein absolutes Muss.
Vizsla sind Arbeits- und Gebrauchshunde. Bei Haltung als Familienhunde wollen diese dennoch sinnvoll beschäftigt sein. Durch Arbeitseifer, Intelligenz und schnelle Auffassungsgabe ist der Vizsla ein relativ anspruchsvoller Hund.
Wir als Hundehalter möchten abwechslungsreiche und spannende Waldspaziergänge bieten. Jeder Vizsla träumt davon, sich mal so richtig im Unterholz auszutoben. Die Jäger hingegen wünschen, dass das Wild nicht gestört bzw. durch freilaufende Hunde aufgeschreckt wird. Konflikte sind vorprogrammiert, selbst wenn die Begegnungen der Parteien meist friedlich verlaufen.
Grundlegende Regeln des Jagdschutzes sind im Bundesjagdgesetz geregelt. Je nach Bundesland existieren gesonderte Vorschriften, die man kennen sollte. Manchmal gibt es eine generelle Leinenpflicht im Wald, meist gilt aber diese Pflicht nur saisonal während der Brut- und Setzzeit (01. März - 30. Juni). Das hat Sinn und ist zu beachten.
Regelmäßig geübte Distanzkontrolle und Abrufbarkeit sind sehr wichtig. Im Zweifel wird angeleint, insbesondere bei unübersichtlichen Verhältnissen in den frühen Morgenstunden und bei beginnender Dämmerung. Wir achten bei unseren Mädels konsequent darauf und gehen keine Risiken ein.
Generell fordert unsere Rasse mehr Zeit als andere. Bei mangelnder Auslastung werden die Hunde schnell ungehorsam oder überdreht. Viszla sind Hunde für aktive Menschen, die ihren Hund in ihre Freizeitbeschäftigungen einbinden.
Die Ausbildung beginnt spielerisch schon als Welpe. Der sensible Magyar Vizsla verträgt keinen groben Umgang. Er braucht die Wertschätzung seines menschlichen Partners. Es sind keine Hunde für Nebenbei.
Für Ersthundebesitzer sind sie bei entsprechendem Engagement nicht ungeeignet. Ein Junghund benötigt sicherlich zwei anstrengende Jahre Erziehung, welche danach nicht einschlafen sollte. Man muss einen ausgeglichenen Mix zwischen Auslastung und verordneten Ruhephasen organisieren. Die Mühen werden belohnt, garantiert.
Keine Angst, ein Vizsla hat als erwachsener Hund ein Schlafbedürfnis von mindestens 12- 14 Stunden täglich, als Welpe noch mehr. Somit wird ein zufriedener Hund in sich ruhen und seinen Zweibeinern genug eigenen Freiraum gönnen. Nicht umsonst sagt man “hundemüde“ oder “wecke keine schlafenden Hunde“!